Sonntag, 7. Dezember 2025

MITTEN IM JETZT...

 


 ...Oder: Wenn das Leben plötzlich schneller läuft als wir!

Es gibt diese kleinen Momente, in denen wir aufwachen und uns fragen, wann eigentlich alles so schnell geworden ist. Früher schien ein Jahr geradezu eine Ewigkeit zu dauern, die Sommerferien waren ein ganzer Ozean voller Zeit.
Heute blättere ich gefühlt nur einmal im Kalender um - und schon ist wieder Weihnachten.
Manchmal habe ich das Gefühl, das Leben rennt, und ich selbst trödele nur hinterher und versuche, trotzdem nicht aus der Puste zu kommen.

In den letzten Wochen wurde dieses Gefühl noch stärker. Ein Schicksalsschlag in der Familie hat etwas in mir angehalten. Solche Ereignisse machen das immer: Sie brechen mitten in unseren Alltag ein, setzen sich ungebeten an den Tisch und sagen mit grenzenloser und unbequemer Ehrlichkeit, dass rein gar nichts selbstverständlich ist. 
Nicht die Menschen, die wir lieben. 
Nicht die Zeit, die wir glauben zu haben. 
Nicht einmal das Morgen.

Man merkt plötzlich wieder, wie fragil dieses ganze Konstrukt "Alltag" ist. Wir planen Wochen 
im Voraus, verschieben leichtfertig Termine, schreiben endlose Listen - und glauben ernsthaft, wir hätten Einfluss darauf, wie sich die nächsten Tage anfühlen werden, was passieren wird. 
Doch in Wahrheit leben wir alle auf sehr dünnem Papier. Ein einziger Anruf, ein Nebensatz, 
eine Nachricht kann alles verschieben, neu sortieren, auf den Kopf stellen.

Und während ich das so beobachte, wird mir klar, wie selten ich wirklich im Jetzt bin. 
Wie oft ich gedanklich schon im nächsten Schritt hänge, im nächsten Projekt, im 
nächsten Gespräch. Dabei ist es genau dieser eine Moment, in dem wir atmen, fühlen, 
leben, der eigentlich zählt. Vielleicht ist es sogar eine stille Einladung, dem Leben generell direkter zu begegnen. 
Nicht übermorgen. 
Nicht "wenn alles wieder ruhiger wird".
Sondern jetzt.
Mit all seiner Verletzlichkeit, all seiner Schönheit und allem dazwischen.

Und doch war es nicht nur ein Schmerz, der sich breit gemacht hat. Es war auch ein merkwürdiges, fast warmes Bewusstsein dafür, wir sehr wir verbunden sind - gerade dann, wenn uns etwas erschüttert, stille Solidarität, die sonst im Lärm der Routine einfach und 
oft untergeht.

Genau darin liegt etwas Tröstliches. Das Leben mag schnell sein, überraschend, 
manchmal ungerecht. Aber es schenkt uns auch immer wieder diese Momente der Menschlichkeit, die uns daran erinnern, warum wir all die Unordnung und Unsicherheit überhaupt aushalten.

Ich möchte gar nicht in die dunkle Ecke der Melancholie abtauchen - das wäre zu einfach. Stattdessen versuche ich, die Lektion zu sehen, die sich mir so vorsichtig andeutet: 
Vielleicht kommt es gar nicht darauf an, das Leben zu verlangsamen oder festzuhalten. Vielleicht geht es einfach darum, wach zu bleiben, während es an uns vorbeirauscht.
Präsenter. Aufmerksamer. Empathischer. Dankbarer.

Ich will wieder lernen, die Minuten bewusster zu sehen. Mich über die kleinen Wunder 
im Alltag zu freuen - und sei es nur der Geruch von frischem Kaffee am Morgen, 
der Moment, in dem jemand neben mir sitzt und gar nichts sagen muss, damit ich mich 
verstanden fühle oder das so süße Üben meiner Enkelin Oma "Bärbel" fehlerfrei auszusprechen.

Das Leben geht schnell vorbei, ja. Aber es ist voller Augenblicke, die uns sanft erinnern, 
dass wir mittendrin sind - lebendig, verbunden, verletztlich und dennoch stark.

Vielleicht ist das am Ende ja genug.
Vielleicht ist das sogar alles. 

 Ich wünsche allen eine besinnliche Adventszeit und zufriedene Feiertage!