Oder: Ihr Zipperlein kommet…
Heute geht es um alle Frauen, die vielleicht wie ich auch schon die 60 überschritten haben! Um alle, die in den letzten Jahren, Wochen oder Tagen, feststellen mussten, dass sie - tja wie sag ich´s schonungslos - älter werden. Die in den Wechseljahren sind oder die Hitzewallungen schon hinter sich haben. Die blitzartig von 0 auf 100 beschleunigen können in den Bereichen Lachen, Heulen, Sachen schmeißen. Die Dinge überzeugend sagen, aber genau das Gegenteil meinen. Um alle, denen diese plötzliche Erkenntnis das ein oder andere Problem bereitet. Das ist natürlich auch kein Wunder, denn das Image unserer Altersklasse ist nach wie vor nicht das Rosigste, oder ?! Zum Beispiel: also, in Ihrem Alter geht aber kein Bikini (austauschbar mit Minirock, ärmelloses Top, goldene Stiefeletten etc.) mehr…
Oder sind das alles platte Vorurteile? Auch ich ertappe mich dabei, wie ich die Baby-Boomer-Generation manchmal bei Tinder, Instagram und Co. finde: mangelhaft gestylt -und da meine ich nicht die Lieblingsfarbe beige!-, manchmal bemerkenswert im wahrsten Sinne des Wortes, übereifrig und auf Biegen und Brechen jugendlich getrimmt. Ich will niemandem auf die Füße treten und mich da auch gar nicht ausnehmen…jede hat mal einen schlechten Tag ;-).
Ich bin jetzt 64 Jahre alt, was ich selbst manchmal nicht wirklich glauben kann und in meinen Ohren unendlich alt klingt. Oder sagen wir es anders: irgendwie passt die Zahl nicht zu mir, finde ich jedenfalls.
Gerade heute habe ich wieder von einer Freundin, die gerade Oma geworden ist, gehört: Bärbel, wir werden alt! Genau das habe ich gedacht, als auch ich vor 4 Monaten Oma geworden bin. (By the way: ich liebe es Oma zu sein!) An den meisten Tagen fühle ich mich ok, bin froh, wenn mir nichts weh tut oder ich nicht zu nah am Wasser gebaut bin. Aber an anderen Tagen macht mir das physische Altern doch mehr zu schaffen als ich öffentlich zugeben würde. Natürlich habe ich mich in den letzten Jahren äußerlich verändert, ohne es zu wollen und trotz Yoga und Pilates…zugegeben letzteres nicht immer allzu regelmäßig, da das echte Leben in Form von Freundinnen treffen und Aperol trinken manchmal dazwischenkommt und die innere Gouvernante dann keine echte Chance mehr hat.
Bin ich erschöpft, was leider öfter und aus heiterem Himmel vorkommt, sieht man mir das auch an - an noch tieferen und schwärzeren Ringen unter den Augen als sonst -hier ein freundlicher Gruß an alle Pandabären-, an meinen Mundwinkeln, an meiner Haltung; würde ich nicht schon seit Jahren regelmäßig die nicht mehr so vollen Haare färben und strähnen lassen, wäre ich wahrscheinlich bzw. ganz sicher mausgrau!
Tja, was soll ich sagen…der allgegenwärtige Beauty-Druck lastet schwer, knackiger wird hier niemand ;-) Und natürlich laufen uns die 20- bis 30-jährigen den Rang ab. In unserer Jugend haben wir das irgendwie nicht registriert, sondern auch da fanden wir uns schon insgesamt zu kurvig oder den Po zu dick, das Gesicht zu picklig, das Outfit zu modisch oder auch nicht, ein Blick in den Ganzkörper-Spiegel und schon war der Schwimmbadtag ein -Entschuldigung- Scheißtag; wie gerne würde ich meinem jugendlichen Ich von damals zurufen: genieße es, Du bist einfach umwerfend! Fotos aus dieser Zeit beweisen es.
Eine nützliche Fähigkeit wäre es, den Blick zurück nicht mit Wehmut, sondern mit Dankbarkeit zu betreiben. Fragt Euch nicht zu oft, was wir hätten besser machen können. Haben wir nicht ab und zu auch richtig gute Entscheidungen getroffen? Also, warum können wir nicht einfach sagen: ich liebe es, älter zu werden! Freuen wir uns darüber, wieviel Gutes uns schon wiederfahren ist oder auch, wie gut wir schwere Krisen gemeistert haben…Denn mal ehrlich, es ist ein Privileg: wieviele aus unserem Leben sind schon nicht mehr da?! Und denen wäre jede noch so tiefe Falte oder graues Haar schlichtweg piepegal!
Ich habe beschlossen, genau jetzt damit anzufangen, im Ernst; versuchen mit mir und meinem Leben im Reinen zu sein, um entspannt und vor allem glücklich richtig alt zu werden. Also ab sofort: ich fand mich noch nie so interessant wie jetzt ;-)
Älterwerden bedeutet doch vor allem, sich selbst lieben zu lernen, oder?! Es bringt uns nicht weiter, wenn wir uns gegen den Zahn der Zeit stemmen und bissig und biestig gegenüber denen sind, die halt jünger und frischer sind als wir…Wer mit meinen 2-3 Lachfalten (höchstens) nicht klarkommt, soll sich verziehen. Wer jede Nacht feiern und um die Häuser ziehen will, bitteschön…nur ohne mich, ich brauche mein Sofa und meinen Schlaf. Ich bin weder frustriert noch gelangweilt, sondern einfach ich selbst und sitze lieber mit meinem Lieblings-Apotheker bei unserem Lieblings-Italiener bei Vitello Tonnato und ein bis zwei Glas Lugana.
Genau das wünsche ich uns: Gelassenheit, Leichtigkeit, auch gerne öfter mal ein bisschen Albernheit, Selbstliebe und dass wir uns nicht stressen, wenn die Brüste den Bleistifttest eben nicht mehr bestehen, die Haare dünner werden oder wir die Speisekarte ohne Lesebrille und Handy-Taschenlampe - danke an alle so gemütlichen aber für Generation Ü60 zu schummrigen Restaurants - nicht mehr lesen können.Trauern wir nicht der vermeintlich dauerfeiernden Studentin hinterher, die wir mal waren, sondern lernen wir uns neu kennen - die Frau, die wir jetzt sind.
Sicherlich gibt es nicht für jede von uns den konkreten bombensicheren Tipp, wie das Altern leichter wird. Wenn der Gang ins Fitnessstudio glücklich macht, bitteschön. Vielleicht ist es aber auch der Gang zum Therapeuten, um alte -kleines Wortspiel ;-Traumata aufzuarbeiten, oder zum Schönheits-Doc, um die 2-3 Falten unterspritzen zu lassen -go for it. Wenn es das stundenlange Hören und Mitsingen trauriger Songs aus den 80ern und dabei melancholisch in die Vollmondnacht schauen ist, perfekt. Ein spontanes Treffen zum Mittagessen mit Freundinnen -abends liegt neuerdings das Essen so schwer im Magen und behindert den gesunden und so wichtigen Schlaf ;-),…wir haben ja jetzt alle mehr Zeit…und da darf es auch schon ein leckeres Grauburgünderchen sein, oder…Yesss!
Einfach genau das machen, was guttut! Nur nicht so bitter werden wie die Tropfen, die ich seit neuestem abends vorm Einschlafen nehme, weil Bitterstoffe ja das Immunsystem stärken und den Fettstoffwechsel in Leber und Galle anregen sollen. Bleiben wir wach für das Jetzt…Unser Style -es muss nicht immer beige sein ;-), Interior, Fotografie, Musik, Kunst, Sport, Food…ich liebe auch meinen Instagram Account, es macht mir einfach Spaß, denn mit Ü60 wird es mit einem Influencer Leben wohl nicht mehr klappen. Außerdem gucke ich sehr gerne, was andere da so treiben…vielleicht ist es auch das, das uns jung bleiben lässt: Neugierde! Und aus der Fülle der Erfahrungen mit geschärften Sinnen weiter durchs Leben gehen und genießen.
Also: das Leben feiern statt zweifeln!
Ich bin jetzt 64. Das ist noch nicht ganz Mitte 60 und auch nicht fast 70. Das ist 64. Ich bin ebne einfach eine Good Old Schachtel ;-)